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Franz Liszt

Name: Ferencz Liszt
Ort: Bayreuth
Land: Deutschland
Branche: Medien
Geburtsdatum: 22.10.1811
Geburtsort: Raiding / Doborján (
Sterbedatum: 31.07.1886
Sterbeort: Bayreuth

Vita:

Franz Liszt [ˈlist], im Ungarischen Liszt Ferencz, wie er sich auch selber schrieb, oder in neuerer Schreibweise Ferenc, war Komponist, Pianist, Dirigent, Theaterleiter, Musiklehrer und Schriftsteller. Er war einer der prominentesten Klaviervirtuosen und einer der produktivsten Komponisten des 19. Jahrhunderts. Er hat in vielen unterschiedlichen Stilen und Gattungen komponiert und war ein Wegbereiter der „programmatischen Musik“ (sinfonische Dichtungen) und wird mit seinen Hauptwerken der „Neudeutschen Schule“ zugezählt. Er war Mitbegründer des Allgemeinen Deutschen Musikvereins. Im Alter von 54 Jahren empfing Liszt in Rom die „niederen Weihen“ und den Titel Abbé. Franz Liszt war der einzige Sohn des ebenfalls im heutigen Burgenland geborenen Adam List (1776–1827) (dessen Name sowohl als List wie auch als Liszt verzeichnet wurde), Verwaltungsbeamter in Diensten des Fürsten Nikolaus II. Esterházy, und seiner Frau Maria Anna, geborene Lager (1788–1866), einer Bäckerstochter aus Krems an der Donau. Adam List spielte schon als Jugendlicher Cello im Sommerorchester des Fürsten Esterházy und trat nach einem abgebrochenen Theologie- und Philosophiestudium in die Verwaltungsdienste des Fürsten ein. Nebenbei spielte er weiterhin als Cellist im Orchester in Eisenstadt/Kismarton, das bis 1804 von Joseph Haydn und danach bis 1811 von Johann Nepomuk Hummel geleitet wurde. 1808 wurde Adam List nach Raiding versetzt, das damals zum Königreich Ungarn gehörte und erst 1922 als Bestandteil des Burgenlandes zu Österreich kam. Wenig später lernte er Anna Lager kennen, die im Januar 1811 seine zweite Frau wurde. Am 22. Oktober 1811 wurde sein Sohn Franz geboren. Aufgrund der häuslichen Situation war seine Muttersprache deutsch, in westlichen Randgebieten Ungarns (Deutsch-Westungarn) damals nichts Außergewöhnliches. So fanden Publikationen ungarischer wie deutscher „Gesinnung“ Handhabe, seine Erfolge für die eigene Nation zu reklamieren: „der weltberühmte Klaviervirtuose, der von deutschen Eltern herstammend zufällig in Ungarn das Licht der Welt erblickte“. Zu Beginn der 1820er Jahre begannen Liszt und seine Eltern Französisch zu lernen, das schon bald die bevorzugte Sprache Liszts wurde, in der er auch zumeist korrespondierte. Er sah später Frankreich als sein „Vaterland“ an. Erst in den 1870er Jahren bemühte er sich, Ungarisch zu lernen. Obwohl Franz Liszt, mit Deutsch und dann auch Französisch aufgewachsen, mit der ungarischen Sprache Schwierigkeiten hatte, rüttelte er nicht an seiner ungarischen Staatsangehörigkeit und bezeichnete sich in der Öffentlichkeit mehrfach als Ungar, ja als Magyare. Nach eigenen Angaben aus späterer Zeit hatte Liszt sich im Alter von sieben Jahren das Notenschreiben „allein angelernt“ und nach Angaben seines Vaters vor seinem neunten Jahr bereits „ziemlich viele Bögen mit Noten gekritzelt.“ Im Oktober 1820 trat Liszt als Neunjähriger mit dem Vortrag eines Klavierkonzerts in Es-Dur von Ferdinand Ries und einer eigenen Improvisation erstmals in einem Konzert bei Baron von Braun in Ödenburg/Sopron öffentlich auf. Am 26. November 1820 gab er in Preßburg/Pozsony ein erstes eigenes Konzert. In der Städtischen Preßburger Zeitung vom 28. November 1820 erschien darauf der folgende Bericht: Verflossenen Sonntag, am 26. dieses Monats, dieses in der Mittagsstunde, hatte der neunjährige Virtuose Franz Liszt, die Ehre, sich vor einer zahlreichen Versammlung des hiesigen hohen Adels und mehrerer Kunstfreunde, in der Wohnung des hochgeborenen Herrn Grafen Michael Eszterházy, auf dem Clavier zu produciren. Die außerordentliche Fertigkeit dieses Künstlers, so wie auch dessen schneller Überblick im Lösen der schwersten Stücke, indem er alles, was man ihm vorlegte, vom Blatt wegspielte, erregte allgemeine Bewunderung, und berechtigt zu den herrlichsten Erwartungen. Adam List, der das außergewöhnliche Talent seines Sohnes mehr und mehr erkannte, setzte nun alles daran, seinen Sohn „zu formen“, und wurde – ähnlich wie Leopold Mozart – ein gestrenger Musik-Erzieher. Die frühe Fixierung Liszts auf eine Karriere als Pianist führte zu erheblichen Mängeln in der Allgemeinbildung, die erst später durch intensives Selbststudium aufgeholt werden konnten. Adam List bemühte sich um eine qualifizierte künstlerische Ausbildung in Wien, zu deren Finanzierung er Vermögensgegenstände verkaufte und unbezahlten Urlaub nahm. Nachdem er vom Fürsten einen Geldbetrag von 200 Gulden für die Ausbildung seines Sohnes genehmigt bekommen hatte, reiste Adam List am 8. Mai 1822 zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn nach Wien. Dort erhielt Franz von Carl Czerny Unterricht im Klavierspiel und seit August 1822 von Antonio Salieri Unterricht in Komposition. Schon bald nach seiner Ankunft in Wien ließ Liszt sich in privaten Kreisen hören. Am 1. Dezember 1822 spielte er im Landständischen Saal Hummels Klavierkonzert in a-Moll sowie eine Improvisation über eine Arie aus Rossinis Oper „Zelmira“ und das „Allegretto“ aus Beethovens 7. Sinfonie. Am 13. April 1823 gab er im kleinen Redoutensaal jenes Konzert, an dessen Ende er nach der Legende einen Weihekuss Beethovens erhalten haben soll. Es kann aber heute als sicher gelten, dass Beethoven in dem Konzert nicht anwesend war. In einer Rezension der Wiener Allgemeinen Musikalischen Zeitung wurde er bei Berücksichtigung seines Alters gelobt, wenn man auch noch einen Mangel an physischer Kraft bemerkte. Nach vergeblichem Versuch, eine Verlängerung seines Urlaubs um zwei weitere Jahre zu erwirken, kündigte Adam List seine Anstellung beim Fürsten Esterházy. Die Familie reiste nach Ungarn, wo Franz Liszt in Pest im Mai 1823 erste Konzerte gab. Anschließend reisten sie zurück nach Wien, wo Liszt noch für einige Monate Unterricht bei Czerny und Salieri erhielt. Am 20. September 1823 verließ die Familie List Wien, um nach Paris zu reisen, wo Franz (mit einem Empfehlungsschreiben des Fürsten Metternich) am Konservatorium studieren sollte. Nach Zwischenaufenthalten mit Konzerten in München, Augsburg, Stuttgart und Straßburg traf die Familie am 11. Dezember 1823 in Paris ein. Der Direktor des Konservatoriums, Luigi Cherubini, lehnte die Aufnahme Liszts jedoch ab, weil das Konservatorium nur Franzosen vorbehalten sei. So übernahm sein Vater die weitere Klavier-Ausbildung und war ein strenger Lehrer. Daneben erhielt er Kompositionsunterricht bei Ferdinando Paer und Antonín Reicha. Nach privaten Auftritten in höchsten Gesellschaftskreisen und Konzerten im Italienischen Theater von Paris stieg Liszt als „petit Litz“ rasch zu einer Berühmtheit auf. Er wurde in Rezensionen zum wiedergeborenen Mozart ernannt. In den Jahren 1824 bis 1827 bereiste der „Wunderknabe“ mit seinem Vater mehrmals England, gab u. a. Konzerte auf Windsor Castle, und wurde dort als „Master Liszt“ bejubelt. Zusammen mit seinem Vater bereiste er auch die französische Provinz und die Schweiz. Aus Briefen Adam Liszts geht hervor, dass sein Sohn bereits in früher Jugendzeit Klavierwerke, darunter Sonaten und Konzerte, Werke in kammermusikalischen Gattungen und Werke für Gesang komponierte. Fast alle dieser Kompositionen sind verschollen, so dass ein Urteil insoweit nicht möglich ist. Die ersten veröffentlichten Klavierwerke des Wunderkindes sind Etüden, Variationen von eigenen Themen und Themen von Diabelli, Rossini und Gaspare Spontini, sowie seine erste Oper Don Sanche ou le Château d’amour, die Liszt mit Hilfestellung seines Lehrers Paer komponierte und die am 17. Oktober 1825 unter der Leitung von Rodolphe Kreutzer in Paris zur Uraufführung kam. Die Oper wurde aber schon bald vom Spielplan gestrichen. Auch mit seinen ersten Klavierwerken hatte der junge Liszt keinen Erfolg und gerät bald in eine erste Lebenskrise, wie seine Tagebucheintragungen im Sommer 1827 zeigen. Als sein Vater auf einer Konzertreise in England erkrankte, suchten beide Erholung in Boulogne-sur-Mer. Dort starb Adam List am 28. August 1827 im Alter von 50 Jahren. Für seinen fünfzehnjährigen Sohn bedeutete dies ein Einschnitt in seinem Leben, das bisher vom Ehrgeiz, der ständigen Präsenz und der Dominanz seines gestrengen Vaters gekennzeichnet war. Franz Liszt kehrte psychisch verstört nach Paris zurück, wo er zusammen mit seiner Mutter, zuerst in der Rue Montholon und später in der Rue de Provence, eine kleine Wohnung bezog. Er nahm jetzt nur noch gelegentlich an Konzerten anderer Künstler teil und war für zwei Jahre als Pianist nicht mehr aktiv. Um für sich und seine Mutter den Lebensunterhalt zu bestreiten, gab Liszt nun Unterricht in Klavierspiel und Komposition. Dabei lernte er Caroline de Saint-Criq kennen und lieben. Sie war die Tochter des französischen Innenministers, der dann wegen des großen Standesunterschiedes eine Fortsetzung der Beziehung untersagt haben soll. Der Siebzehnjährige wurde immer depressiver, zog sich völlig zurück und vertiefte sich in die Lektüre von religiösen Schriften, zeitgenössischer Belletristik (Chateaubriand und Byron) und philosophischen Schriften, um seine Bildung zu verbessern, denn er hatte bisher nur eine kurze Volksschulbildung absolviert. Er begeisterte sich für unterschiedliche geistige und politische Strömungen der Zeit und knüpfte Kontakt zu Intellektuellen und Schriftstellern in Paris, u. a. mit Victor Hugo, Honoré de Balzac, Heinrich Heine, Alexandre Dumas, George Sand und Théophile Gautier. Im Einklang mit vielen anderen Künstlern engagierte Liszt sich auch für die Lehre der Saint-Simonisten, einer pseudo-religiösen Gruppierung, die in der Art eines frühen Sozialismus die Gesellschaft reformieren wollte. Großen Einfluss auf Liszt übte auch der Abbé Félicité de Lamennais aus, dessen Buch „Paroles d'un croyant“ Liszt mit Begeisterung las. Er besuchte ihn in seiner Kolonie „La Chênaie“ („Der Eichenwald“) in der Bretagne, Monate später auch in England, wo er intensive Diskussionen über religiöse und soziale Fragen führte und erwog, Priester zu werden und seinen Essay „Über zukünftige Kirchenmusik“ schrieb. Andererseits entwickelte der junge Liszt aber auch ein exzentrisches Verhältnis zur Damenwelt, sehr zum Leidwesen seiner Mutter Bis zum Ende des Jahres 1831 wurde Liszt mit Frédéric Chopin, Niccolò Paganini, Gioachino Rossini, Vincenzo Bellini, Giacomo Meyerbeer, Hector Berlioz und Felix Mendelssohn Bartholdy bekannt. Bei einem Vergleich mit diesen Künstlern muss ihm bewusst geworden sein, dass er in seiner eigenen Entwicklung weit zurückgeblieben war. Aus der Sicht Mendelssohns war er der dilettantischste aller Dilettanten. Chopin nannte ihn in einem seiner Briefe vom Dezember 1831 eine pianistische Null. Nach dem Besuch einiger Vorlesungen von François-Joseph Fétis über die Philosophie der Musik (Liszt war sehr beeindruckt und korrespondierte mit Fétis) und einem Aufruf der Saint-Simonisten, alle Künstler mögen doch ihre Kunst künftig für die Religion verwenden und bessere Musik machen als Beethoven und Rossini[25], wandte sich Liszt im Frühjahr 1832 wieder der Musik zu. Nach dem Besuch eines Wohltätigkeitskonzertes von Paganini zugunsten der Opfer einer in Paris grassierenden Cholera-Epidemie, offenbarte er in einem Brief vom 2. Mai 1832 an Pierre Wolff in Genf seine neue Musikbegeisterung: Seit 14 Tagen arbeiten mein Geist und meine Finger wie zwei verdammte, – Homer, die Bibel, Platon, Locke, Byron, Hugo, Lamartine, Chateaubriand, Beethoven, Bach, Hummel, Mozart, Weber sind alle um mich herum. Ich studiere sie, betrachte sie, verschlinge sie mit Feuereifer; überdies übe ich 4 bis 5 Stunden (Terzen, Sexten, Oktaven, Tremolos, Repetitionen, Kadenzen etc. etc.) Ach! Sollte ich nicht verrückt werden, wirst du einen Künstler in mir wiederfinden! Liszt beteiligte sich nun auch wieder am öffentlichen Konzertleben. Im Sommer 1832 hielt er sich als Gast einer Familie Reiset in Ecoutebœuf in der Nähe von Rouen auf. Dort entstand eine noch unvollständige erste Version seiner Clochette-Fantasie op.2, einer Fantasie über das Thema des Rondo-Finales von Paganinis zweitem Violinkonzert. Die Fertigstellung der Fantasie zog sich für einige Zeit hin. Als Liszt am 5. November 1834 die Fantasie in einem Konzert von Berlioz spielte, war dies ein katastrophaler Misserfolg. Das Fiasko wurde als neuer Beweis dafür gesehen, dass Liszt zum Komponieren vollständig unfähig sei. Bis zum Frühjahr 1835 komponierte Liszt noch weitere Werke, die jedoch später zumeist von Liszt in seinem Werkkatalog nicht berücksichtigt worden sind, von Zeitgenossen als „unverständliche Ausgeburten einer fantastischen Exzentrizität“ bezeichnet wurden. Hierzu gehört auch ein Klavierauszug der Symphonie fantastique von Hector Berlioz, bei deren erfolgreicher erster Aufführung am 5. Dezember 1830 Liszt anwesend gewesen war. Mit Berlioz entwickelte sich eine innige Freundschaft; so wurde Liszt im Oktober 1833 Trauzeuge, als Berlioz die englische Schauspielerin Harriet Smithson heiratete. Zu den wichtigsten Aspekten von Liszts Biografie gehört seine Beziehung mit der sechs Jahre älteren Gräfin Marie d’Agoult (1805–1876). Sie stammte als geborene Flavigny aus dem französischen Hochadel und war seit 1827 mit Charles d’Agoult verheiratet. Sie hatten zwei Töchter. In der Ehe kriselte es, Marie dachte an Selbstmord und zog sich im Winter 1831 für Monate in ein Sanatorium nach Genf zurück. Nachdem sie Ende 1832 nach Paris zurückgekehrt war, bemühte sie sich, sich wieder in den üblichen gesellschaftlichen Verkehr einzufinden und besuchte Ende Dezember u. a. die Familie des Grafen Apponyi und die Herzogin von Rauzan. In diesen Kreisen verkehrte auch Liszt, der für die Herzogin von Rauzan in eine leidenschaftliche Schwärmerei entflammt war. Wenngleich das Datum unsicher bleibt, mag Marie d’Agoult auch der Marquise le Vayer einen Besuch abgestattet haben und lernte dort den jungen Pianisten kennen. Als Liszts neuestes Werk war soeben seine Bearbeitung von Franz Schuberts Lied Die Rose nach einem Gedicht von Friedrich Schlegel erschienen. Es ist bekannt, dass Liszt sich mit dem Schicksal dieser „Rose“ identifizierte. In leicht verständlichen Metaphern wird geschildert, wie ein lyrisches Ich, die im Titel genannte „Rose“, mit naiver Freundlichkeit einer Dame begegnet. Das lyrische Ich wird dann von der Dame verführt, worauf es zugrundegeht. Seit dem Beginn des Jahres 1833 lud Marie d’Agoult Liszt immer häufiger zu Besuchen ein. Es entwickelte sich eine starke Affinität zweier Menschen, die bisher unglücklich gewesen waren. Es kristallisierten sich aber auch zwei Problembereiche heraus, die in der Beziehung zu starken Konflikten führten. Dabei ging es einerseits um widersprüchliche Elemente der künstlerischen Persönlichkeit von Liszt. Er schwärmte mit Worten von einem Leben in der Einsamkeit, wo er unsterbliche, nur für einen kleinen Kreis Gleichgesinnter bestimmte Meisterwerke komponieren wollte. Nach dem Maßstab seines praktischen Tuns wurde er allerdings mit unwiderstehlicher Gewalt von Kreisen der Gesellschaft angezogen. Bei seinen Auftritten als Pianist war er mit zum Teil exzentrischem Gebaren darum bemüht, von einem Publikum, das er – wie er sagte – verachtete, um jeden Preis Applaus zu erhalten. Auf diesen Aspekt seines Künstlertums legte Marie d’Agoult keinen Wert; er sollte sich vielmehr als Komponist bewähren. Ein zweiter Problembereich waren die vielen Beziehungen Liszts zu anderen Frauen, die ihn häufig bedrängten. Im Sommer 1834 kam es zu einer ersten Eskalation, als Marie d’Agoult in Liszts Abwesenheit einige seiner alten Briefe fand. Nach einem komplizierten Vorgang mit Stillständen und Krisen zeigte sich im Frühjahr 1835, dass Marie d'Agoult schwanger war. Sie entschloss sich, ihren Ehemann zu verlassen und mit Liszt zusammenzuleben. Gemeinsam mit dem Abbé de Lammenais unternahm Liszt einen vergeblichen Versuch, sie von ihrem Entschluss abzubringen. Sie verließ Paris am 28. Mai und reiste nach Basel, wenige Tage später folgte Liszt ihr nach. Über verschiedene Stationen in der Schweiz ließ sich das Liebespaar im Frühjahr 1835 in Genf nieder, wo sie eine Wohnung in der Rue Tabazan bezogen. Am 19. August wurde Maries Ehe mit Charles geschieden, am 18. Dezember wurde ihre Tochter Blandine geboren (sie wurde später die Frau von Emile Ollivier, der für kurze Zeit Ministerpräsident Frankreichs war). Blandine hätte nach zeitgenössischem Rechtsverständnis als Tochter Charles d’Agoults gegolten. Um dies zu verhindern, wählte Marie d’Agoult bei der Anmeldung Blandines bei den Genfer Behörden für sich selbst den Namen „Catherine-Adelaide Méran“. Schon bald nach seiner Ankunft in Genf wurde Liszt von gesellschaftlichen Verpflichtungen in Anspruch genommen und nahm als ehrenamtlicher Klavierprofessor an Sitzungen des Direktoriums und am Unterrichtsbetrieb des in dieser Zeit gegründeten Genfer Konservatoriums teil. Nachdem am 14. August sein Schüler Hermann Cohen aus Paris eingetroffen war, wurde aus dem ursprünglich vorgesehenen Zusammenleben mit Marie d’Agoult ein quasi familiäres Zusammenleben zu dritt. Liszt gab in Genf einige Konzerte, fand Zeit zum Komponieren (erste Schubert-Transkription) und verfasste zudem sechs programmatische Artikel Zur Stellung der Künstler, in denen er erstmals den bildungspolitischen Anspruch der Kunst für die Gesellschaft formulierte. In Genf stellten sich bald finanzielle Probleme ein, denn mit Rücksicht auf seine Beziehung mit Marie d'Agoult konnte er keine Konzertreisen unternehmen; und von seinen ambitionierten Werken war ein Geldgewinn kaum zu erwarten. Zur Lösung seines Problems komponierte er Bearbeitungen populärer Melodien − z. B. den Walzer op.6, eine Fantasie op.7 über Melodien aus Bellinis Oper I Puritani sowie zwei Fantasien op.8 über Melodien aus Rossinis Soirées musicales − obwohl er diese Arbeitsweise zuvor in einer Artikelserie in der Gazette musicale heftig kritisiert hatte. Ein Brief an Ferdinand Hiller vom November 1835 zeigt, dass Liszt den Widerspruch zwischen den in seiner Artikelserie formulierten Idealen und seinen aktuellen Werken selbst erkannte und mit entschuldigenden Worten ankündigte, bis zum Frühjahr 1837 Werke von „dauerhafter Gültigkeit“ komponieren zu wollen. Im September 1836 erhielten Liszt und Marie d’Agoult einen Besuch George Sands mit ihren Kindern. Nach einem gemeinsamen Aufenthalt in Chamonix verließen sie am 13. Oktober Genf und kehrten über Dijon nach Paris zurück. Liszt lebte dort vorerst allein, Marie wohnte bei George Sand und begann dort mit ihren ersten schriftstellerischen Arbeiten. Im Winter 1835/36 debütierte Sigismund Thalberg bei einem Auftritt am 16. November in einem Privatkonzert des österreichischen Gesandtschaftssekretär Rudolph Apponyi in Paris und wurde von den anwesenden Künstlern, darunter Rossini und Giacomo Meyerbeer, mit Begeisterung begrüßt und als Erfinder eines neuartigen Klavierstils gerühmt. Nach weiteren Auftritten verbreiteten sich Gerüchte, wonach Thalberg ein pianistisches non plus ultra sei. Sein erstes öffentliches Debüt am 24. Januar 1836 in einem Konservatoriumskonzert, bei dem er seine Grande Fantaisie op.22 spielte, wurde von Hector Berlioz in der Revue et Gazette musicale enthusiastisch rezensiert. Während Liszt in Lyon mit seinen Konzerten einen Ertrag von etwa 500–600 Francs erzielte, nahm Thalberg mit einem einzigen Konzert im Italienischen Theater einen Betrag von 10.000 Francs ein. Es kam ein von Thalberg schon bis dahin erworbenes enormes künstlerisches Ansehen hinzu. In einem Bericht in Le Ménestrel vom 13. März 1836 hieß es hierzu: Moscheles, Kalkbrenner, Chopin, Liszt und Herz sind für mich große Künstler und werden es auch immer bleiben; aber Thalberg ist der Erfinder einer neuartigen Kunst, die ich mit nichts vergleichen kann, was vor ihm existierte. Thalberg ist nicht bloß der führende Pianist der Welt, er ist zugleich ein äußerst hervorragender Komponist. Als Liszt am 13. Mai in Paris eintraf, um sich mit Thalberg „zu messen“, war dieser bereits über Brüssel nach London abgereist. Bevor Thalberg Anfang Februar 1837 zu seinem zweiten Aufenthalt in Paris erschien, veröffentlichte Liszt in der Revue et Gazette musicale vom 8. Januar 1837 eine von Anzüglichkeiten und polemischen Ausfällen durchzogene Rezension, in der er Thalbergs Grande Fantaisie op.22 sowie die beiden Capricen op.15 und op.19 in Grund und Boden verriss. Nach der Darstellung Liszts war der Erfolg Thalbergs ausschließlich durch Propaganda zustande gekommen. Liszts Verhalten löste eine Welle der allgemeinen Empörung aus. Thalberg trat ab Februar 1837 in Paris wieder auf und wurde abermals gefeiert. Am 31. März waren beide Künstler bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung der Fürstin Belgiojoso zu hören. Aus der Auseinandersetzung mit Liszt ging Thalberg eher als der Gewinner hervor. Nachdem im Frühjahr 1837 die künstlerische Auseinandersetzung Liszts mit Thalberg schon abgeschlossen und Thalberg über Brüssel nach London gereist war, folgte noch eine mit Beiträgen in der Revue et Gazette musicale ausgetragene Debatte zwischen Liszt und François-Joseph Fétis, dem Direktor des Brüsseler Konservatoriums. In einem Artikel MM. Thalberg et Liszt in der Nummer vom 23. April 1837 kam Fétis zu dem Urteil: Sie sind ein großer Künstler, Ihr Talent ist immens, und Ihre Fähigkeit, alle Arten von Schwierigkeiten zu überwinden, unvergleichlich […] Sie sind Abkömmling einer Schule, die abgeschlossen ist und nichts mehr zu beschicken hat, aber nicht Repräsentant einer neuen Schule. Dieser Mann ist Thalberg: Sie sehen, dies ist der ganze Unterschied zwischen Ihnen beiden. In einer Antwort in der Revue et Gazette musicale vom 14. Mai 1837 reagierte Liszt mit neuer Polemik und sprach Fétis jede Kompetenz zur Beurteilung von Klaviermusik ab. Im Gesamtergebnis hatte Liszt sich mit seinen Attacken gegen Thalberg nur Feinde gemacht. Bei seinen nachfolgenden Aufenthalten in Paris nahm Liszts Erfolg als Pianist und Komponist allerdings zu. Bis in die Mitte der 1840er Jahre hinein wurde er dann in ganz Europa als vorbildlicher Virtuose und als einer der erfolgreichsten Klavierkomponisten seiner Zeit angesehen. Nach dem Ende der Pariser Konzertsaison, einem erneuten Aufenthalt bei George Sand in Nohant und in Lyon, wo Liszt ein Wohltätigkeitskonzert gab und das Klavierstück „Lyon“ komponierte, reiste Liszt mit Marie über Genf nach Italien. Ihre kleine Tochter Blandine blieb in der Obhut eines Pastors Demelleyer in Genf. Sie trafen am 14. August 1837 am Lago Maggiore ein. Nach Aufenthalt in Como und Mailand (wo Liszt Gioachino Rossini begegnete) ließen sie sich seit dem 6. September in Bellagio am Comersee nieder. Anfang November 1837 kehrten sie nach Como zurück, wo am 24. Dezember ihre zweite Tochter Cosima (die spätere Frau von Richard Wagner) geboren wurde. Insgesamt blieben Liszt und Marie d’Agoult etwa zwei Jahre in Italien. Sie gewannen tiefe Eindrücke der italienischen Kultur, Kunst und Literatur. In Bellagio begann Liszt wieder zu komponieren. Es entstanden u. a. die Alben op. 10 bis op. 12. Im März 1838 reisten Liszt und Marie d'Agoult nach Venedig. Sehr spontan fasste Liszt dort Anfang April 1838 den Entschluss, zugunsten der Opfer einer Hochwasserkatastrophe in Ungarn Konzerte in Wien zu geben. Obwohl er nur zwei Wochen für Wien eingeplant hatte, kehrte er – nach großartigen Erfolgen – erst nach zwei Monaten nach Venedig zu Marie d'Agoult zurück. In dieser Phase gab es den ersten Riss in der Beziehung, denn einerseits hatte sich Liszt mit Damen in Wien eingelassen, andererseits begann Marie eine Liebesbeziehung mit einem Grafen Emilio Malazzoni. Nach einer Aussöhnung nahmen sie Wohnsitz in Lugano. Liszt gab Konzerte in Mailand, Florenz, Bologna und Pisa. Von Januar bis Juni 1839 lebten sie in Rom. Liszt gab auch hier zahlreiche Konzerte in Adelskreisen. Am 9. Mai 1839 gebar Marie als drittes Kind ihren Sohn Daniel. Danach folgten noch Aufenthalte in Lucca und San Rossore sowie im Oktober 1839 kürzere Aufenthalte in Pisa und Florenz. In der Zeit von Liszts Aufenthalt in Italien hatte sein Rivale Thalberg weite Teile Europas bereist und wurde allseits in Superlativen gerühmt. Einkünfte von sensationeller Höhe kamen noch hinzu. Liszt, der hiervon erfuhr, sah im Sommer 1839 die Karriere Thalbergs respektvoll an. Zufolge einer Notiz in Marie d'Agoults Tagebuch war Liszt damit zufrieden, wenigstens als „der Zweite“ oder als „Teil des Ersten“ zu gelten. Insbesondere aus finanziellen Gründen einigten sich Liszt und Marie darauf, sich zu trennen, damit Liszt als reisender Virtuose Konzerte geben konnte. Nach eineinhalb Jahren wollte man dann zusammen nach Italien zurückkehren und sich dort niederlassen. Er würde dann Opern und andere Werke in repräsentativen Gattungen komponieren. So trennten sich ihre Wege im Oktober 1839, Marie kehrte nach Paris zurück, Franz reiste zu Konzerten nach Wien, Preßburg und Pest. Seit seiner Kindheit war er somit erstmals wieder in Ungarn und wurde am 4. Januar im Theater von Pest wie ein heimgekehrter Nationalheld begrüßt, wobei ihm von den ungarischen Magnaten ein Ehrensäbel überreicht wurde. In einem weiteren Konzert in Pest trat Liszt erstmals als Dirigent auf. Die folgenden Jahre, in denen Liszt Geld für den Unterhalt seiner „Familie“ verdienen wollte, sind gekennzeichnet von Erfolgen und Misserfolgen als Künstler sowie von Höhen und Tiefen als Mensch. Es ist kaum möglich, alle seine Aufenthalte aufzuzählen und seine Erfolge und Misserfolge und auch seine Affären aufzulisten. Große Erfolge hatte er als Virtuose beispielsweise in Prag (März 1840), in Dresden und Leipzig (Frühjahr 1840, dabei Begegnung mit Robert Schumann und Felix Mendelssohn Bartholdy), in Hamburg (Oktober 1840), in Belgien (Februar/März 1841), in Weimar und Berlin (Winter 1841/42), oder in Sankt Petersburg (April 1842, dabei Begegnung mit Michail Glinka), Ostpreußen und im Baltikum (Frühjahr 1842). Im Frühjahr 1843 dirigierte Liszt in Breslau erstmals eine Oper (Mozarts Zauberflöte), danach reiste er weiter nach Russland und war im Herbst in München und auf der Hohenzollernburg Hechingen, wo er zum Hofrat ernannt wurde. In Hamburg erlebte auch der Schriftsteller Hans Christian Andersen den Virtuosen und gab in seinem Buch Eines Dichters Basar einen Eindruck: Wie ein elektrischer Schlag fuhr es durch den Saal, als Liszt hereintrat, die Mehrzahl der Damen erhob sich, und ein Sonnenglanz verbreitete sich auf jedem Gesicht, so als begrüßten alle Augen einen lieben, teuren Freund [...] Alles in seinem Äußeren und in seiner Beweglichkeit bezeichnet ihn sogleich als eine jener Persönlichkeiten, die allein durch ihre Eigenart schon Aufmerksamkeit wecken; die Hand des Göttlichen hat ihnen einen besonderen Stempel aufgedrückt, der sie unter Tausenden kenntlich macht. Wie Liszt da vor dem Pianoforte saß, wirkte seine Persönlichkeit, dieser Ausdruck starker Leidenschaften in dem bleichen Gesicht, auf mich zuallererst dämonisch. Er schien an das Instrument genagelt, aus dem die Töne strömten, sie kamen aus seinem Blut, aus seinen Gedanken; er war ein Dämon, der seine Seele freispielen musste. Liszt wurde ruhmsüchtig und prahlte mit seinen Erfolgen und seinen Kontakten zur Aristokratie. In manchen Städten – insbesondere in Berlin – entwickelte sich eine regelrechte „Lisztomanie“ (mit ähnlichen Reaktionen, die an die Hysterie der Fans von Stars moderner Pop-Musik erinnern). In Berlin wurde er zum Mitglied der Königlichen Preußischen Akademie der Künste ernannt und erhielt den Orden pour le merite. In Königsberg bekam er die Ehrendoktorwürde der Universität, in Weimar wurde er nach einer Konzerttournee mit dem italienischen Tenor Giovanni Battista Rubini durch Thüringen zum „Großherzoglichen Kapellmeister in außerordentlichen Diensten“ ernannt. In Paris waren seine Erfolge weniger spektakulär, denn hier blieb Sigismund Thalberg auch weiterhin „die Nummer Eins“. Wenig erfolgreich war Liszt auch mit Konzerten in England, Schottland und Irland (zwei Tourneen 1840/41). Die Tourneen wurden für ihn zu einem finanziellen Debakel. Grundsätzlich waren seine Einkünfte als Virtuose nicht gering, allerdings gab er durch einen luxuriösen Lebensstil ungewöhnlich viel Geld wieder aus und machte teilweise hohe Schulden. Es kam zu Streitigkeiten mit Marie. Im Sommer 1840 bereisten sie zwar gemeinsam das Rheinland und machten Urlaub in Fontainebleau, sogar Heiratspläne wurden geschmiedet, die einst große Leidenschaft jedoch begann zu verblassen. Während einer Erholung (mit Marie und den Kindern) auf der Rheininsel Nonnenwerth von Anfang August bis zum Oktober 1841 überredete er Marie d'Agoult, einer Verlängerung seiner Tätigkeit als reisender Virtuose um zwei Jahre zuzustimmen. Zwischen seinen Konzertreisen konnte Liszt nur wenig komponieren. Die Aufenthalte am Rhein inspirierten ihn aber zu seinen ersten deutschen Liedkompositionen (Im Rhein und Lorelei nach Heine), einem Werk für Männerchor: Was ist des Deutschen Vaterland nach Ernst Moritz Arndt und dem Rheinweinlied nach Georg Herwegh. Vor dem Hintergrund einer aktuellen Krise, in der es um die Zugehörigkeit der Rheinufer zu Frankreich oder zu Deutschland ging, war in Berlin die Aufführung des Rheinweinlieds mit dem Refrain „Der Rhein muss deutsch verbleiben!“ ein großer Erfolg gewesen. In Paris dagegen, in einem Konzert, das Liszt am 30. Juni 1842 zugunsten einer in Not geratenen Operngesellschaft aus Mainz gab, entwickelte sich die Aufführung des Rheinweinlieds mit deutschem Text zu einem Skandal. Es schloss sich eine erregte Debatte mit Anfeindungen Liszts in der französischen Presse an. Dabei wurde ihm vorgeworfen, er habe bereits in Berlin mit deutsch-nationalen Demonstrationen gegen französische Interessen agitiert. Im September 1842 gab Liszt im Zusammenhang mit der Grundsteinlegung zur Fertigstellung des Kölner Doms ein Konzert in Köln und wurde am 13. September in Koblenz vom Fürsten Metternich empfangen. Aus dem Aufenthalt in Koblenz ergaben sich Folgen, die mit Hinblick auf Liszts Privatleben zur Katastrophe führten. Marie d'Agoult hatte von amourösen Abenteuern Liszts in der Zeit seines Aufenthalts in Berlin mit der Schauspielerin Charlotte von Hagen erfahren, mit der er sich auch in Koblenz wieder traf. Marie schrieb daraufhin einen Brief, aus dem Liszt einerseits das Ende ihrer Beziehung ableitete, andererseits zur Versöhnung bereit war und die Beziehung mit Charlotte von Hagen beendete. Im Juli 1843 trafen Liszt und Marie für ein zweites und letztes Mal auf der Insel Nonnenwerth zusammen. Zuvor hatte er das Lied Nonnenwerth mit Widmung an Marie d'Agoult komponiert und in Briefen an Marie angeboten, seine Karriere als reisender Virtuose im Sommer 1843 zu beenden. Die letzte Versöhnung währte nicht lange. Marie d'Agoult kehrte am 20. Oktober 1843 nach Paris zurück. Sie begann dort mit der Niederschrift eines quasi autobiographischen Romans Nélida, in dem Liszt in der Gestalt des Malers Guermann Regnier als Künstler mit amoralischer Lebensanschauung dargestellt wird, der anspruchsvolle Kunstwerke zwar hervorbringen möchte, aber bei der praktischen Ausführung versagt. Der Roman erschien am 8. August 1846, allerdings anonym. Im November 1843 initiierte auch Liszt ein literarisches Projekt, und zwar seine Biographie, die in Stuttgart von Gustav Schilling, dem Verfasser einer zeitgenössischen Musik-Enzyklopädie, geschrieben wurde, wozu Liszt das Material zur Verfügung stellte. Das Buch mit dem Titel Franz Liszt, Sein Leben und Wirken aus nächster Beschauung dargestellt erschien Anfang 1844 und stellt Liszt als Künstler in überschwänglichsten Superlativen positiv dar. Liszt ist dort nicht nur der wohltätigste, intelligenteste und genialste Mensch aller Zeiten, sondern auch ein Komponist von einem Rang, mit dem allenfalls nur Beethoven verglichen werden kann. Viele Legenden, die sich um die Persönlichkeit Liszts in der Zeit seiner Kindheit und Jugend ranken und die unter seinen Verehrern bis heute verbreitet sind, gehen auf das Buch von Schilling und damit auf Liszt selbst zurück. Ende 1843, nach fünf Jahren intensiver Liebe und einem fünfjährigen Auseinanderleben, trennten sich Marie und Liszt endgültig. Es begann die Auseinandersetzung über die Zukunft der gemeinsamen Kinder. Zuerst verzichtete Liszt in einer schriftlichen Erklärung vom 7. Mai 1844 auf jede Einmischung in die Erziehung seiner Kinder und verpflichtete sich zur Zahlung von jährlich 3.000 Francs. Ein Jahr später kam es zwischen Liszt und Marie d'Agoult zu neuem Streit, weil Liszt nun das vollständige Sorgerecht für alle drei Kinder verlangte. Um weitere Eskalationen zu vermeiden, verzichtete Marie d'Agoult Anfang Juni 1845 auf alle Rechte an den gemeinsamen Kindern mit Liszt. Seither war von seiten Liszts jeder Kontakt der Kinder mit ihrer Mutter strengstens untersagt. Die Kinder blieben vorerst in der Obhut ihrer Großmutter Anna Liszt, die für eine gute Erziehung sorgte, deren Kosten von den Konzerteinnahmen und den Rücklagen Franz Liszts bestritten wurden. Bereits bei seinem ersten Weimar-Aufenthalt als Virtuose wurde Liszt mit Dekret vom 2. November 1842 des Großherzogs Carl Friedrich zu dessen Kapellmeister ernannt. Danach war Liszt zu einem Aufenthalt von drei Monaten pro Jahr im Winterhalbjahr in Weimar verpflichtet, um das Orchester zu leiten. Liszt kam dieser Pflicht zuerst nur unregelmäßig nach. In einem zusammen mit dem Weimarer Hofkapellmeister André Hippolyte Chélard gemeinsam geleiteten Konzert vom 7. Januar 1844 debütierte er in Weimar als Dirigent. Im Anschluss an seinen Weimarer Aufenthalt reiste er nach Dresden und hörte dort die Oper Rienzi von Richard Wagner, mit dem sich von da an eine intensive Freundschaft anbahnte. Im Winter 1844/1845 kam er nicht nach Weimar, sondern hielt sich in Spanien und Portugal auf, anschließend nahm er im August 1845 am ersten Beethovenfest in Bonn teil. Im Winter 1846/47 reiste er durch Osteuropa: Wien, Pest, Bukarest, Kiew, Lemberg, Odessa, Konstantinopel und Elisabethgrad (heute Kirowograd) waren seine Stationen. Er machte sich in dieser Zeit Hoffnungen, als Nachfolger des erkrankten Donizetti in das Amt des Kammerkapellmeisters am Wiener Hof berufen zu werden. Aber dann sollte sich sein Leben auf andere Weise ändern, denn in Kiew begegnete er erstmals der Fürstin Jeanne Elisabeth Carolyne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein. Sie verliebten sich und beschlossen, sich gemeinsam in Weimar niederzulassen. Anfang Februar 1848 reiste der „Rastlose“ nach Weimar und wohnte dort zuerst mit einer "Madame F..." aus Frankfurt a. M. in einem Hotel, bis diese dann im März nach Paris abreiste. Carolyne zu Sayn-Wittgenstein stammte aus einer polnischen Adelsfamilie und heiratete 1836 auf Wunsch ihres Vaters Peter Iwanoski, den Prinzen Nikolaus zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg-Ludwigsburg (1812–1864). 1837 wurde sie Mutter ihrer einzigen Tochter Marie und trennte sich bald darauf von ihrem Mann. Sie zog ins ländliche Woronince in der südlichen Ukraine, wo Carolyne Güter aus ihrer Mitgift besaß. Hier widmete sie sich fast ausschließlich ihren intellektuellen Interessen, studierte Literatur, Philosophie und Religion, kümmerte sich aber ebenso um die Bewirtschaftung ihrer Besitzungen. Bei einem Konzert am 14. Februar (alte russische Zeitrechnung: 2. Februar) 1847 in Kiew lernte sie Liszt kennen und war spontan von ihm fasziniert. Im Frühjahr trafen sie sich für mehrere Wochen auf ihrem Landgut in Woronince. Erstmals fand Liszt in dieser willensstarken, temperamentvollen, dunkeläugigen und gebildeten jungen Frau (sie war sieben Jahre jünger als Liszt) eine Diskussionspartnerin für Themen wie Kunst, Religion und Philosophie. Er sehnte sich nach einer neuen Lebensführung, sie wiederum fühlte sich berufen, einen genialen Künstler zu leiten und zu fördern. Ab Herbst 1847 verweilte Liszt mehrere Monate in Woronince, in einer feierlichen Zeremonie gaben sie sich am 22. Oktober 1847 eine Art „Ehe-Versprechen“, Liszt wurde „Seeleneigener“ der Fürstin. Mochte dies zuerst als skurrile Idee erschienen sein, so war Liszt seither mit unlösbaren Fesseln an Carolyne gebunden. Im April 1848 verließ die Fürstin mit ihrer Tochter ihren Landsitz und nahm Quartier in der Altenburg, einer Villa am Rande von Weimar, in die im Herbst auch Liszt einzog. Zwölf Jahre lang lebten sie dort relativ zurückgezogen. Es waren die schöpferisch produktivsten Jahre Liszts, wobei Carolyne einen großen Anteil hatte, denn sie verstand es, dem einst rastlosen „klavierspielenden Lebemann“ eine neue, ernsthaftere Richtung zu geben und ihn zum Komponieren zu inspirieren: So habe ich für ihn zwölf Jahre lang gesorgt, immer mit meiner Arbeit in demselben Zimmer, sonst hätte er nie komponiert. Genie hat ihm nicht gefehlt – aber „Sitzfleisch“. [...] Ohne ein ruhige, aber beständige, sanfte, milde, hingebende Frauengestalt kann er nichts Großes tun, nur feilen. Einer geplanten Heirat stand der Umstand der Ehe der Fürstin entgegen. Liszt hoffte, die Großherzogin von Sachsen-Weimar, Maria Pawlowna, eine Schwester des Zaren Nikolaus I., dazu zu gewinnen, sich für eine Scheidung Carolynes einzusetzen. Erst 1855 wurde sie nach russischem Recht geschieden, war als Katholikin jedoch nicht frei. Problematisch entwickelten sich auch die Vermögensverhältnisse. Sie wurde aus Russland verbannt, ihre Güter wurden bis zur Volljährigkeit ihrer Tochter unter staatliche Verwaltung gestellt. Ein weiteres Problem entwickelte sich im Zusammenhang mit der Erziehung der drei Liszt-Kinder, die bisher in Paris bei ihrer Großmutter Anna Liszt wohnten, jedoch mehr und mehr Kontakt mit ihrer Mutter Marie d'Agoult hatten, sehr zum Ärger von Liszt und Carolyne. 1855 holte er seine Kinder nach Weimar und beauftragte wenig später die Freifrau Franziska von Bülow – die Mutter von Hans von Bülow, der Cosima 1857 heiratete – mit der weiteren Erziehung der Kinder. Die Weimarer Jahre waren die künstlerisch produktivste Zeit Franz Liszts. Viele seiner Klavierwerke schrieb er in Weimar, so die Klaviersonate in h-Moll, den Zyklus Harmonies poétiques et religieuses, fünfzehn Ungarische Rhapsodien, wie auch zahlreiche Transkriptionen, Klavierauszüge und Revisionen früherer Klavierwerke, beispielsweise die Paganini-Etüden. Auch zwei seiner bereits zuvor konzipierten Klavierkonzerte erhielten hier ihre endgültige Gestalt. Um seine Orchestrierungen zu vervollkommnen, engagierte er als Sekretär Joachim Raff, dem er die Instrumentierung vieler seiner Orchesterwerke auftrug. Zu den ersten der im Dezember 1849 von Raff instrumentierten Orchesterwerke hatte eine Ouvertüre Les quatre élémens zu vier Chorstücken gehört, die Liszt 1844/45 nach Gedichten von Joseph Autran komponierte. In einer von Liszt unter Mithilfe von Hans von Bronsart erstellten neuen Fassung wurde diese Ouvertüre am 23. Februar 1854 in einem Hofkonzert in Weimar unter der Leitung Liszts als Les Préludes, Symphonische Dichtung aufgeführt. Nach dem Plan Liszts sollte bis Ende 1854 ein Zyklus von neun Sinfonischen Dichtungen erscheinen. Zum besseren Verständnis der Stücke waren Vorworte vorgesehen, die seit dem März 1854 die Fürstin Wittgenstein schrieb. Es entstanden sieben Vorworte, die zuerst als Broschüre gedruckt und in dieser Form an Freunde Liszts verschickt wurden. Nach einer Revision wurden die Vorworte in die veröffentlichten Partituren aufgenommen. Im Fall von Les Préludes war am Ende kaum noch ein Zusammenhang mit der im Titel angesprochenen Ode Lamartines zu erkennen. Die Veröffentlichung der neun Sinfonischen Dichtungen verzögerte sich und zog sich bis 1856 und 1857 hin. Danach komponierte Liszt noch die Stücke Hamlet, Die Hunnenschlacht, Mazeppa und Die Ideale. Bis 1861 lagen zwölf Sinfonische Dichtungen in veröffentlichten Partituren und Arrangements für zwei Klaviere vor. Liszt hatte außerdem Sinfonien nach Goethes Faust und Dantes Göttlicher Komödie komponiert. Neben weiteren weltlichen Werken, darunter Märsche, Lieder, Melodramen und Männerchöre, waren auch geistliche Werke entstanden oder wurden begonnen (Missa solemnis, Männerchormesse, Oratorium Christus, Legende von der heiligen Elisabeth). Als Liszt 1860 Weimar verließ, hatte er ein riesiges Oeuvre vorgelegt. Sein öffentliches Ansehen als Komponist war allerdings gering. In Weimar dirigierte Liszt viele Werke zeitgenössischer – damals auch umstrittener – Komponisten und führte auch deren Opern auf. Allein 36 Mal dirigierte er Werke von Richard Wagner, der ihm besonders nahe stand und dem er im Frühjahr 1849 nach dem Aufstand in Dresden zur Flucht nach Zürich verhalf. In den Folgejahren unterstützte er Wagner finanziell und auch ideell und stand mit ihm in einem regen Briefwechsel. Am 28. August 1850 brachte er in Weimar Wagners Oper Lohengrin zur Uraufführung und hatte später vor, Wagners Ring in einem eigens dafür zu bauenden Festspielhaus in Weimar aufzuführen. Liszt und Wagner traten später auch öfter gemeinsam als Dirigenten auf, ab 1865, nachdem Wagner mit Liszts Tochter Cosima liiert war, kühlte sich das Verhältnis für lange Zeit jedoch ab. Auch für die Werke von Berlioz, Mendelssohn und Schumann setzte sich Liszt ein. Er dirigierte in vielen Musikmetropolen Europas und fand teils Zustimmung, teils heftige Ablehnung, hauptsächlich bezüglich seines Dirigierstiles. Ab 1861 dirigierte er fast ausschließlich nur noch eigene Werke. Neben Wagner standen ihm besonders Hector Berlioz nahe. Im November 1852 und Februar 1855 veranstaltete Liszt in Weimar Berlioz-Wochen, wobei auch Berlioz dirigierte, z. B. seine Oper Benvenuto Cellini. Auf Anregung von Carolyne komponierte Berlioz wenig später seine große Oper Les Troyens, die er der Fürstin widmete. Im September 1857, anlässlich der Enthüllung des Goethe-Schiller-Denkmals in Weimar, dirigierte Liszt die Uraufführung seiner Faust-Symphonie und der symphonischen Dichtung Die Ideale. Die letzte von ihm geleitete Opernaufführung, die Uraufführung der Oper Der Barbier von Bagdad von Peter Cornelius am 15. Dezember 1858, wurde von einer Weimarer Opposition ausgezischt, worauf Liszt seine Tätigkeit als Dirigent am Weimarer Hoftheater einstellte. Sein Nachfolger wurde 1859 Eduard Lassen. Auch als Pädagoge wirkte Liszt in Weimar mit großem Einfluss. Zu seinen Schülern gehörten Hans von Bülow, Carl Tausig, Franz Bendel, Peter Cornelius, Hans von Bronsart sowie dessen spätere Frau Ingeborg Stark, Karl Klindworth, Julius Reubke, Rudolph Viole, Josef Weiß, Antal Siposs und viele andere. Unterstützt von dem Kapital der Fürstin Wittgenstein konnte Liszt es sich leisten, auf ein Honorar zu verzichten und einige seiner talentiertesten Schüler sogar in den Haushalt der Altenburg aufzunehmen. Die Schüler fühlten sich als Mitglieder einer verschworenen Gemeinschaft. Der Neu-Weimar Verein mit dem Vereinsblatt Die Laterne, der sich am 20. November 1854 auf Initiative Liszts und August Heinrich Hoffmann von Fallersleben konstituierte, bot einen geselligen Rahmen. Nicht wenige seiner Schüler setzten sich in Debatten, die in Zeitungen und Zeitschriften ausgetragen wurden, mit spitzer Feder für die von Liszt vertretene Kunstrichtung ein. In der Zeit vom 1.–4. Juni 1859 fand in Leipzig aus Anlass des 25jährigen Bestehens der Neuen Zeitschrift für Musik eine Versammlung (Leipziger Tonkünstlerversammlung) statt, zu der der Chefredakteur Franz Brendel Musiker aus verschiedenen europäischen Ländern eingeladen hatte. Im Gewandhaus wurden aus diesem Anlass vor allem Werke von Liszt aufgeführt[109] und über den Begriff „Zukunftsmusik“ diskutiert, den Richard Wagner in seiner Schrift Das Kunstwerk der Zukunft geprägt hatte. Auf Anregung Brendels wurde beschlossen, den Begriff Neudeutsche Schule einzuführen und auf Anregung von Liszt und Louis Köhler einen allgemeinen Deutschen Musikverein ADMV zu gründen. Am 7. August 1861 konstituierte sich der Verein in Weimar auf dem dort stattfindenden Tonkünstlerfest, zu dem auch der amnestierte Wagner unter großem Jubel zustieß. Auf Vorschlag von Liszt wurde Franz Brendel zum Präsidenten gewählt. Im August 1861 verließ Liszt Weimar, um in Rom Carolyne zu heiraten. Nach einem monströsen Verfahren in vielen Instanzen hatten die Kardinalskonferenz und der Papst in Rom der Scheidung und Neuvermählung der Fürstin endlich zugestimmt. Für den 22. Oktober 1861, Liszts 50. Geburtstag, war in der Kirche San Carlo al Corso in Rom die Hochzeit geplant. Nachdem Liszt am 20. Oktober in Rom erschienen war, zog am Abend des nächsten Tages die Fürstin ihre Einwilligung zu der Heirat zurück. Auch diese Beziehung hatte sich schließlich auseinander gelebt, auch weil Liszt weitere Affären mit anderen Frauen hatte, beispielsweise mit der Sängerin Emilie Genast und mit Agnes Street-Klindworth. Nach der gescheiterten Eheschließung mit Carolyne, die in Rom blieb, Theologie studierte und Bücher schrieb[112], widmete er sich verstärkt Kompositionen mit religiösen Themen und kirchenmusikalischen Werken. In Rom, wo er sich bis 1870 überwiegend aufhielt, führte er ein teils mondänes, teils mönchisches Leben und zog sich im Sommer 1863 in das Kloster Madonna del Rosario auf dem Monte Mario zurück, wo ihn auch Papst Pius IX. besuchte. Mal wohnte er auch im Vatikan, mal im Kloster Santa Francesca Romana auf dem Forum Romanum. Ab 1864 besuchte er wieder Konzerte und dirigierte Orchester in verschiedenen europäischen Städten. 1865 unterzog sich Liszt der Tonsur und erhielt die vier niederen Weihen von Bischof Gustav Adolf Hohenlohe, der 1866 die Kardinalswürde erhielt. Schon mit der Tonsurierung Kleriker geworden, trug er fortan den römischen Kragen und ließ sich mit Fug Abbé nennen, erhielt aber nie die drei höheren Weihen (Subdiakon, Diakon, Priester). Er schrieb dazu in einem Brief: „Mein Hang zum Katholizismus rührt von meiner Kindheit her und ist ein bleibendes und mich beherrschendes Gefühl geworden.“ Ab 1865 verbrachte er jeweils mehrere Monate abwechselnd in Rom und Budapest sowie ab 1867 auch wieder in Weimar, wo er ab 1869 eine Etage in der Hofgärtnerei (heute Museum) bezog. Von diesen drei Orten aus entfaltete er eine rege Reisetätigkeit, großenteils, um eigene Werke aufzuführen oder um bei Aufführungen zugegen zu sein oder (unentgeltlich) zu unterrichten. Öfter war er seit 1867 bei Gustav Adolf Kardinal Hohenlohe in der Villa d'Este in Tivoli zu Besuch, wo er 1879 auch eines seiner letzten Konzerte gab. Hier komponierte er drei Klavierstücke, die Eingang in das Album Années de pèlerinage: Troisième année fanden: Les jeux d'eaux à la Villa d'Este und zwei als Threnodien bezeichnete Stücke mit dem Titel Aux Cyprés de la Villa d'Este. Sein Ruhm als Komponist und Lehrer kam inzwischen dem früheren als Pianist gleich. Besonders seine Orchesterwerke und seine geistlichen Werke fanden großen Anklang, so 1867 in Budapest, als Franz Joseph I. zum ungarischen König gekrönt und eine Messe von Liszt gespielt wurde. Im Sommer reiste er nach München und Tribschen, wo Wagner inzwischen wohnte, um zwischen Cosima, Hans von Bülow (seit 1857 mit Cosima verheiratet) und Wagner (seit 1864 mit Cosima liiert) zu vermitteln. Gegen den Willen ihres Vaters ließ sich Cosima scheiden und heiratete 1870 Wagner. Erst 1872 verbesserten sich die Beziehungen langsam wieder. Im Mai 1873 dirigierte Liszt erstmals eine vollständige Aufführung seines nun beendeten Oratoriums Christus in der Stadtkirche in Weimar, wenig später war er zur Richtfestfeier des Festspielhauses bei Cosima und Richard Wagner in Bayreuth. Auch bei den ersten Festspielen im Sommer 1876 (Der Ring des Nibelungen) sowie bei den zweiten Festspielen im Sommer 1882 (Parsifal) weilte er in Bayreuth. Letztmalig traf sich Liszt mit der Familie Richard Wagners im Dezember 1882 in Venedig (Palazzo Vendramin-Calerghi). Gemeinsam gab man ein Konzert im Teatro la Fenice. Wenige Wochen danach, Liszt war inzwischen wieder abgereist, erlag Wagner einem Herzinfarkt. 1886 reiste Liszt wieder nach Bayreuth, um die unter der Leitung seiner Tochter stehenden Bayreuther Festspiele zu besuchen. Zum Zeitpunkt der Reise war Liszt schon schwer erkrankt. Er starb wenige Tage nach seiner Ankunft am 31. Juli 1886 und wurde am 3. August auf dem Bayreuther Stadtfriedhof beigesetzt. Bei der Totenmesse spielte Anton Bruckner an der Orgel über Motive aus Parsifal. Franz Liszt hat die bis zu seiner Zeit übliche Form des Klavierspiels und dementsprechend auch die Klavierkomposition neu geprägt. Was hierfür entscheidend war: Die Hammerklaviermechanik gab es zwar schon seit 1709 (sie wurde von Bartolomeo Cristofori erfunden), gleichwohl erfuhr sie ihre bedeutendste Fortentwicklung im 19. Jahrhundert. Zudem brach Liszt von Anbeginn mit allen Regeln der Klavierspieltechnik, die zu der Zeit streng nach Lehrbüchern praktiziert wurde. Zu seinen Erfindungen zählen die Konzertparaphrasen, bei denen Liszt ein Thema oder mehrere Themen aus bekannten Opern aufgriff und diese ausgeschmückt mit eigenen kompositorischen Ideen zu brillanten Klavierstücken umarbeitete. Bis auf den heutigen Tag sind seiner Technik des Klavierspiels wenige nennenswerte Neuerungen hinzugefügt worden. Von den zahlreichen Klavierwerken Liszts werden heute nur noch wenige gespielt. Ein Grund für das weitgehende Ignorieren der Klavierwerke Liszts mögen technische Schwierigkeiten sein, ein anderer Grund mag sein, dass viele seiner Transkriptionen Bearbeitungen der damals zeitgenössischen Melodien anderer Komponisten gewesen sind und heute weniger „ansprechen“, denn sie waren für einen völlig anderen Personenkreis bestimmt: für hochgebildete, talentierte Amateure. Bereits 1911 stellte Béla Bartók in seinem Aufsatz „Die Musik Liszts und das Publikum von heute“ fest, dass vom Ansehen Liszts als Komponist kaum noch etwas übrig geblieben war: In seiner Jugendzeit ahmte er die schlechten Sitten der damaligen Kunstgecken nach – er "schrieb um und verbesserte", machte Kompositionen zum Brillieren aus Meisterwerken, an denen sich auch ein Franz Liszt nicht hätte vergreifen dürfen. Er ließ sich von der gewöhnlichen Melodik Berlioz', dem Sentimentalismus Chopins und noch mehr von den italienischen Schablonen beeinflussen, ihre Spuren treten allenthalben in seinen Werken zutage, und sie sind es auch, die ihnen den Anstrich des Trivialen geben. Liszt hat neben dem umfangreichen Klavierwerk auch für die Orgel komponiert. In einem Bericht Franz Brendels über das Einweihungskonzert der Merseburger Domorgel wurde der damals empfundene moderne Charakter der Orgel und ihre Bedeutung als Vorposten eines neuen von Liszt kreierten Orgelstils akzentuiert: " ... Liszt nimmt jetzt zur Orgel eine ähnliche Stellung ein, wie früher zum Pianoforte. Wie er früher das Pianoforte zu behandeln vermochte, einzig in seiner Art, so weiß er jetzt auf der Orgel den ganzen Glanz und die ganze Pracht des Instrumentes zur Darstellung zu bringen. Ich muß bekennen, daß ich überrascht war durch Liszts Composition, indem sich mir der Fortschritt nach einer bis jetzt noch nicht zur Behandlung gekommenen Seite hin offenbarte und Blicke in eine zukünftige Entwicklung der Orgelmusik sich darboten. [...]". Im "Searle Verzeichnis" (Verzeichnis nach Humphrey Searle, 1966) finden sich insgesamt 11 Werke. Liszt hat über 70 Lieder mit Klavierbegleitung komponiert. Der Mehrzahl seiner Lieder liegen französische oder deutsche Gedichte zugrunde. Liszt hatte den Plan, drei Bände mit jeweils sechs Liedern zu veröffentlichen, die den von Heinrich Heine übernommenen Titel "Buch der Lieder" erhalten sollten. Die beiden ersten Bände erschienen 1843 und 1844. Der erste Band enthält die Stücke „Die Loreley“, „Am Rhein im schönen Strome“, „Mignons Lied“, „Der König von Thule“, „Der du von dem Himmel bist“ und „Angiolin dal biondo crin“. Man hat es mit einem musikalisch gestalteten Familienalbum zu tun. Marie d'Agoult wird mit den drei ersten Stücken und Liszt mit den beiden nachfolgenden Stücken charakterisiert. Das letzte Stück ist der gemeinsamen Tochter Blandine gewidmet. Der zweite Band mit den Liedern "Oh! quand je dors", "Comment, disaient-ils", "Enfant, si j'etais roi", "S'il est un charmant gazon", "La tombe et la rose" und "Gastibelza", einem Bolero, nach Gedichten Victor Hugos setzt die Lieder des ersten Bandes chronologisch fort. In dem dritten Band werden problematische Aspekte der Entwicklung der Beziehung Liszts und Marie d'Agoults reflektiert: „Du bist wie eine Blume“, „Dichter, was Liebe sei“, „Vergiftet sind meine Lieder“, „Morgens steh' ich auf und frage“, „Die tote Nachtigall“, und „Mild wie ein Lufthauch im Mai“. Liszt distanzierte sich später von seinen ersten Liedern, sie seien viel zu aufgebläht, sentimental und in der Begleitung überladen. Einige seiner Lieder schrieb er später um. In den Jahren 1879 und 1880 setzte Liszt die Reihe seiner „Gesammelten Lieder“ mit weiteren Heften fort. Hierzu gehören Lieder wie: „J'ai perdu ma force et ma vie“, „Ihr Glocken von Marling“, „Sei still“, „Mild wie ein Lufthauch im Mai“ (2. Version), „Isten veled (Lebe wohl)“ und „Mir ist die Welt so freudenleer“. Ein letztes Heft der „Gesammelten Lieder“ erschien 1883. Die Melodramen Liszt sind weitgehend unbekannt geblieben. Ein erwähnenswertes Stück ist das Melodram "Der traurige Mönch" nach einem Gedicht Nikolaus Lenaus, das im September 1860 entstand. Das Melodram "Der blinde Sänger", das Liszt Oktober 1875 nach einer Ballade von Alexei Konstantinowitsch Tolstoi komponierte, ist als autobiographische Komposition bemerkenswert. Der Sänger glaubt, er würde vor einem Publikum stehen. Da er jedoch blind ist, bemerkt er nicht, dass kein einziger Zuhörer anwesend ist, so dass er vergeblich singt. Es hört ihm niemand zu. Liszts Hauptwerke für Orchester sind die „Dante-Sinfonie“, die „Faust-Sinfonie“ und ein Zyklus von 12 Sinfonische Dichtungen, sowie einige Märsche. In den Jahren 1881/82 entstand noch eine letzte Sinfonische Dichtung, „Von der Wiege bis zum Grabe“', die Liszt zuerst als Klavierversion komponierte. Auch von vielen seiner übrigen sinfonischen Werke liegen Klavierbearbeitungen vor. Unter den Sinfonischen Dichtungen ist „Les Préludes“ das bekannteste Stück, das im zweiten Weltkrieg zu zweifelhaftem Ruhm gelangte, weil ein Fanfarenmotiv des Finales zur Ankündigung von Siegesmeldungen der Nationalsozialisten im Rundfunk verwendet wurde. In seinen Orchesterwerken entwickelte Liszt die Gattung Sinfonische Dichtung (Programmmusik), die zuvor von Hector Berlioz weiterentwickelt worden war, insbesondere bezüglich des Umfangs der Instrumentierung und der Benutzung von Leitmotiven (ähnlich wie Richard Wagner). Neben der klingenden Musik gibt es ein im Titel angedeutetes außermusikalisches Objekt, das sogenannte Programm. Das Programm kann ein erzählbarer Vorgang, ein Gemälde, die Idee von einer Person oder ein anderer Gegenstand sein. Aus dem Zusammenwirken der klingenden Musik mit dem in der Vorstellung eines Hörers oder Spielers vorhandenen Programm soll sich eine ästhetische Wirkung ergeben. Musik von solcher Art gab es schon in früheren Zeiten, beispielsweise Vivaldis "Vier Jahreszeiten", Beethovens Sinfonie "Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria" sowie die Pastoral-Sinfonie, Werke von Berlioz und Ouvertüren von Mendelssohn. Im Unterschied zu Liszts Vorgängern lösten seine Sinfonischen Dichtungen allerdings Debatten über eine grundsätzliche Berechtigung von Programmmusik aus, z. B. bei Eduard Hanslick in seinem 1854 erschienen Buch „Vom Musikalisch-Schönen“, oder in Beiträgen von Wagner und Brendel. Johannes Brahms bezeichnete Liszts Dante-Sinfonie als "Unmusik", die auf den Misthaufen gehörte. Liszt äußerte sich u. a. zum Thema Programmmusik in einem Brief an Marie d'Agoult vom 15. November 1864: Bis dahin unterschreibe ich voll und ganz und ohne jeden Vorbehalt den Grundsatz, den Sie mir gerne ins Gedächtnis rufen möchten, dass musikalische Werke, „die nach einem allgemein verstandenen Sinn einem Programm folgen, auf die Fantasie und das Gefühl unabhängig von jedem Programm wirken müssen“. Mit anderen Worten: Jedes schöne Musikstück muss zuallererst und in jedem Fall den absoluten und unverletzlichen Gesetzen der Musik entsprechen, die niemand vorschreiben kann. Liszt komponierte in großem Umfang religiös inspirierte Musik. Neben Messen, Oratorien und Psalmen gehören dazu auch Klavierwerke, beispielsweise Harmonies poétiques et religieuses oder der Psalme instrumental für Klavier und Orchester über die gregorianische Melodie de profundis. Seine geistlichen Werke sind Belege für Versuche Liszts zur Realisierung einer von ihm 1834 unter dem Einfluss des Abbé de Lamennais erträumten "musique humanitaire". Nach der Vorstellung von Lamennais sollte künftig das Volk die Stütze der Kirche sein. Dementsprechend hatte Liszt in einem Aufsatz Über künftige Kirchenmusik ausgeführt, dass in einer Zeit, in der der Altar erbebe und wanke, in der Kanzel und religiöse Zeremonien dem Spötter und Zweifler zum Stoff dienten, die Kunst das Innere des Tempels verlassen müsse, um sich in der Außenwelt den Schauplatz ihrer Kundgebungen zu suchen. Eine ähnliche Auffassung vertrat auch Richard Wagner in seiner Altersschrift Religion und Kunst. Zu den geistlichen Werken Liszt gehören die Missa solemnis, die er 1856 zur Einweihung der Basilika in Gran in Ungarn komponierte, die 1866/67 komponierte Ungarische Krönungsmesse, verschiedene Psalmen, die 1862 fertiggestellte Legende von der heiligen Elisabeth, das 1866 fertiggestellte und 1867 um zwei Sätze erweiterte Oratorium Christus und ein 1869 fertiggestelltes Requiem. Die Legende von der heiligen Elisabeth und das Oratorium Christus wurden bis in das 20. Jahrhundert hinein häufig aufgeführt; und die Graner Messe wird neben den Messen Anton Bruckners zu den herausragenden Höhepunkten der Kirchenmusik des 19. Jahrhunderts gezählt. Insbesondere in Ungarn war auch die Ungarische Krönungsmesse, in der Liszt Melodien im Stil der Ungarischen Rhapsodien verwendete, sehr beliebt. Dagegen ist das Requiem weitgehend unbekannt geblieben. Mit den seit 1870 komponierten geistlichen Werken, darunter weitere Legenden und viele kleinere Stücke, kultivierte Liszt einen vorwiegend asketischen Stil. Mit Hinblick auf seine früher komponierten geistlichen Werke hatten Zeitgenossen ihm vorgeworfen, dass sie viel zu weltlich klingen würden und er den Opernstil Wagners in die Kirche getragen. Liszt mag aus diesem Grund in seinen später komponierten geistlichen Werken jeden Anklang an den Stil Wagners vermieden haben. In seinen Spätwerken – fast alle „geistige Werke“, setzt er sich mehrfach mit dem Sterben und der Frage nach einem Weiterleben nach dem Tod auseinander, und findet dafür eine eigenwillige musikalische Sprache. Die literarischen Werke Franz Liszts sind in seinen „Gesammelten Schriften“ zusammengefasst, die erstmals von Lina Ramann 1883 in sechs Bänden in Leipzig herausgegeben wurden. Neben Essays und Reisebriefen ist vor allem die Biographie über Friedrich Chopin interessant, die er gemeinsam 1850/51 mit der Fürstin Carolyne von Sayn-Wittgenstein geschrieben hat. Von seinen vielen Briefen sind über 6.000 in verschiedenen Bänden publiziert, z. B. der Briefwechsel mit Richard Wagner, Hans von Bülow, seiner Mutter Anna oder dem Großherzog Carl Alexander. Im Januar 1840 wird Liszt mit dem „Ehrensäbel“ des ungarischen Adels ausgezeichnet und wird Ehrenbürger von Pest. In Frankfurt wird er am 18. September 1841 „zum Zeichen seiner seit Jahren geübten Pflege der Menschlichkeit und Hilfeleistung“ in der dortigen Freimaurerloge Zur Einigkeit aufgenommen. Im Februar 1842 erhält er in der Berliner Loge Zur Eintracht den II. und III. Grad. 1845 wird er Ehrenmitglied der Zürcher Loge Modestia cum Libertate und 1870 in Pest. 1842 wird Liszt in Berlin zum Mitglied der Königlich Preußischen Akademie der Künste ernannt (Orden pour le merite), in Königsberg erhält er die Ehrendoktorwürde der Universität. Im Oktober 1859 erhält Liszt auf eigenen Antrag das österreichische Adelsprädikat und hätte den Namen „Franz Ritter von Liszt“ führen dürfen. 1871 erhält Liszt den Titel eines Königlichen Ungarischen Rates. 1881 wird Liszt Mitglied der Academie des Beaux-Arts in Paris. Urteile von Zeitgenossen: Robert Schumann: (...) Diese Kraft, ein Publikum sich zu unterjochen, es zu heben, tragen und fallen zu lassen, mag wohl bei keinem Künstler, Paganini ausgenommen, in so hohem Grad anzutreffen sein. Am schwierigsten aber lässt sich über diese Kunst selbst sprechen. Es ist nicht mehr Klavierspiel dieser oder jener Art, sondern Aussprache eines kühnen Charakters überhaupt, dem, zu herrschen, zu siegen, das Geschick einmal statt gefährlichen Werkzeugs das friedliche der Kunst zugeteilt. Richard Wagner: (...) Du kamst in mein Leben als der größte Mensch, an den ich je die vertraute Freundesanrede richten durfte. Du trenntest Dich lang

Werke:

Das Gesamtwerk Franz Liszt ist in seinem Umfang und der Vielfältigkeit immens und unvergleichlich. Bis heute ist keine Gesamtausgabe erschienen. Die sogenannte „Carl-Alexander-Ausgabe“ (sie wurde 1888 von der in Weimar gegründeten Franz-Liszt-Stiftung durch den Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach initiiert) umfasst 34 Bände, ist aber unvollständig. Ein systematisches Werkverzeichnis stellte der englische Musikwissenschaftler Humphrey Searle zusammen und kam auf 702 Titel (ohne die literarischen Werke): 123 Klavierwerke 77 Lieder 65 Geistliche Chorwerke 28 Weltliche Chorwerke 11 Orgelwerke 1 Oper 25 Orchesterwerke 7 Werke für Klavier und Orchester 9 Kammerkonzerte 5 Melodramen 335 Arrangements und Transkriptionen 17 Unvollendete Werke

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Lexikon

Restaurierung

Wiederherstellung beschädigter oder alter Kunstwerke.
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Mandoline

(it. mandolino) Saiteninstrument mit 4 doppelchörigen Saiten in Violinstimmung, die Saiten werden gezupft oder mit einem Plektrum angeschlagen. Fachbegriff aus dem Bereich Musik.
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martellato

Italienisch: gehämmert. Kurzes, sehr kräftiges staccato. Fachbegriff aus dem Bereich Musik.
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